Storyweb

Storyweb
- ein Vorschlag an die literarische Gemeinschaft im WWW

(Du bist gemeint)
Beim Surfen im WWW sind mir eine Anzahl gemeinschaftlicher literarischer Projekte untergekommen, die von den Möglichkeiten des Hypertexts inspiriert sind. Zum Beispiel ein Hypertext-Roman, an dem mitschreiben kann, wer immer vorbeikommt. Oder kollektiv verfaßte Gedichte - schreib eine Zeile dazu, wenn du Lust hast - oder der längste Satz der Welt. Diese Experimente fand ich doch immer enttäuschend, weil sie entweder Spiele ohne allzuviel Tiefgang sind, oder versucht wird, alte literarische Formen, wie eben den Roman, an das neue Medium anzupassen. Aber ein Roman ist eben ein Roman, und das, was einen Roman ausmacht, ist unter anderem, daß er von einer Person verfaßt ist.

 Das Projekt, das ich vorschlagen möchte, ist gleichzeitig einfacher und komplexer, aber vor allem dem WWW angemessen. Ich möchte es "Storyweb" nennen. Der Name enthält schon das Programm, denke ich: Ein weltweites Netz von Geschichten - Geschichten im weitesten Sinn.

Und so sollte es funktionieren:

Es fängt an mit einem Text, den ich auf meiner Homepage veröffentliche. Du findest ihn unter dieser URL: (6milliar.htm) Wenn er dich anspricht, bist du eingeladen, darauf zu reagieren. Du bist eingeladen, einen Text zu schaffen, der sich in irgend einer Weise auf meinen Text bezieht. Das ist die einzige Bedingung, die dein Text erfüllen soll: sich in irgend einer Weise auf meinen Text zu beziehen. Das kann Widerspruch sein oder Bestätigung, eine Assoziation, eine Erinnerung, was auch immer. Doch es sollte eben ein Text sein, der durch meinen Text ausgelöst wurde. Es könnte auch eine direkte Antwort sein - doch das würde es den nächstfolgenden Beitragenden erschweren, auf deinen Text zu reagieren. Und das ist natürlich die Essenz des ganzen Projekts: die nächsten, die sich beiteiligen, sollen natürlich auf deinen Text reagieren. Und so weiter. Und so weiter.

Dein Text kann ein Gedicht sein, eine Kurzgeschichte, ein Haiku. (Ja, oder auch eine Grafik, warum nicht.) Er sollte bloß nicht zu lang sein. Wenn du einen Roman beisteuerst, werden die, die ihn lesen, nach einiger Zeit das Gefühl dafür verlieren, sich in einem kollektiven Geschichtennetz zu bewegen. Dein Text kann in jeder beliebigen Sprache sein. Doch wenn möglich, solltest du eine englische Übersetzung beisteuern. Und wenn dein Text auf Englisch ist, eine in irgend eine andere Sprache.

 Wenn du deinen Text geschrieben hast, lädst du ihn auf deine Homepage und teilst mir das in einem e-mail mit. Oder wenn du keine Homepage hast, schickst du mir deinen Text, und ich lade ihn auf meine Homepage. Dann füge ich zu der Seite mit meinem Text ein link zu deinem Text hinzu, und zwar mit dem Titel, den du bestimmt hast. Und dann beginnt der Vorgang von neuem mit deinem Text. Du wirst Links zu den Texten herstellen, die sich auf deinen Text beziehen, und wirst die Texte von Beitragenden, die keine Homepage haben, auf deiner Homepage unterbringen. Nach einiger Zeit wird es viele Texte zu lesen geben, viele Stränge zu verfolgen, viele Texte, um sich darauf zu beziehen. Natürlich kannst und sollst du dich immer wieder beteiligen, während das Geschichtennetz wächst.

 (Anmerkung Juli 96: Bis jetzt sind alle Texte immer nur in Bezug auf den Initialtext geschrieben worden. Einige davon sind sehr interessant. Es wird also Zeit, daß auch an diese Texte angeknüpft wird!)

 Jeder Text sollte als eigene Seite publiziert werden.

Eine Seite, die Teil von Storyweb ist, sollte folgendes enthalten:

Die Seite kann auch ein Link zur persönlichen Homepage des Autors/der Autorin haben, und eventuell spezielle Links zu anderen Teilen des Storywebs, die Bezug zum vorliegenden Text haben (doch sollte diese Art von Links sparsam verwendet werden). Storyweb-Seiten sollten sonst keine Links enthalten.

Ein jedes, das sich für Storyweb interessiert, ist eingeladen:

Und wer sagt, daß das ganze nicht bloß eine bessere Newsgroup wird? Das liegt natürlich nur an dir! Trag eben etwas bei, das es wert ist. Und wenn du wirklich meinst, daß die nächste Person, die ihre Geschichte an deine anbinden will, kompletten Mist geschrieben hat - nun, niemand kann dich zwingen, ein Link zu diesem Text herzustellen. Es ist deine Verantwortung, absoluten Mist nicht zu akzeptieren, aber auch nicht Texte zu zensurieren, die dir nicht in den Kram passen. Und alle Beitragenden sollten beachten, daß das hier keine Diskussionsgruppe werden soll. Jeder Text soll zwar Bezug zum vorhergehenden Text haben, aber dennoch ein eigenständiges Kunstwerk sein und etwas, das es wert ist, länger als ein, zwei Monate im Web zu stehen.

 Martin Auer, 3. April 1996

 e-mail: martin.auer@a1plus.at

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